Januar-Treff:

|d&b.o.|Text und Fotos von dietmar und Brigitte Otto
Dr. Dieter Scheller lernte seine Frau Ursula schon als Kind in Podberesje kennen

| 12. Januar 2017, 17.30 Uhr |

Abenteuer Podberesje

 Als Sohn eines Junkers-Konstrukteurs in Russland

 

Vortrag von Dr. Dieter Scheller 


In unserer IG wurde schon öfter über den unfreiwilligen langjährigen Arbeits-Aufenthalt vieler deutscher Ingenieure, Konstrukteure,  Flugzeugbauer nach dem Krieg  in der  UdSSR diskutiert. Auch der Vater von Dr. Scheller wurde am 22. Oktober 1946 von Dessau aus samt Familie, darunter der damals 10jährige Dieter, nach Podberesje verbracht.

Nicht d e p o r t i e r t.

Nicht e n t f ü h r t.

Er nennt es bewußt v e r s c h l e p p t. Damit betont er den Aspekt des Zwanges, jedoch nicht im Sinne einer Strafmaßnahme an geheimen Aufenthaltsorten. Er berichtete in seinem Vortrag über das Alltagsleben in dem kleinen Ort Podberesje - übersetzt "Unter den Birken" -  direkt an der Wolga. Für ihn als Jungen ein großes Abenteuer.

Als Erwachsener trug er viel Material über diese Zeit zusammen, tauschte sich mit anderen Betroffenen aus, durchforstete Archive und besuchte auch nach der Wende mehrmals das Land. So berichtete er faktenreich nicht nur über die Projekte, an denen die Flugzeugbauer damals arbeiteten, sondern auch über die Bedingungen, beispielsweise über Arbeitsverträge, die die Gewerkschafter des neu gegründeten FDGB von Berlin aus forderten, medizinische Versorgung, Verdienst-Transfer und Korrespondenzen in die Heimat oder Urlaubs(Un)Möglichkeiten bis hin zu der totalen Sonnenfinsternis 1954, die die Familie auf dem Heimweg nach Deutschland beobachten konnte.

Aus all dem entstand 2016 ein Buch: ein teils humoriger Erzählband; teils Faktensammlung mit interessanten Dokumenten und Fotos, einer Liste der in Podberesje stationierten Spezialisten mit Geburtsjahr und Tätigkeit sowie einer statistischen Übersicht. Quellenübersicht eingeschlossen. Es ist im Projekte Verlag Hahn erschienen und wurde von vielen Teilnehmern an unserem Januar-Treff signiert mit nach Hause genommen. Mehr über den Autoren erfahren Sie hier und per direktem Link auf  www.projekte-verlag.de, der Homepage des Verlages.

Der Autor verfügt aber auch noch über einige Verkaufs-Exemplare (Tel. 0351-880 56 48), die er gern signiert.

| b&d.o. |

 

Erinnerungsfotos ...

... finden Sie reichlich auch im Podbereshje-Band von Dr. Scheller. Hier eine Auswahl

dr. dieter scheller zu ig luftfahrt 152 dresden, vortrag, buch abenteur podberesje, www-seite von brigitte otto

An der Wolga

Im Hintergrund links das Stalindenkmal - heute umgeworfen. Rechts davon (vorm weißen Strich vom Schnee)  die Schleuseneinfahrt. Ganz rechts ist ein Kran zu erkennen, von denen mehrere dazu dienten, die Schotten des Stauwehrs zu betätigen. Links davon befindet sich das Kraftwerksgebäude

 

Kirche gegenüber Sawjolowo

Die sogenannte Margarinekirche in Kimry. Man hatte sie zweckentfremdet zu einer Margarinefabrik umgenutzt. Jetzt sieht sie wieder aus wie einst.

 

Haus 86

Wolga-Ufer

 

Das ist, verglichen mit "An der Wolga", das Ufer rechts vom Fotografen - das linke Ufer der Wolga, von dem nach und nach immer mehr Land abbrach.
Damit kamen viele Fossilien zum Vorschein, besonders nach der Schneeschmelze.

 

 

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Wohnhaus Sawjolowo


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Foto links:
Links von der Freitreppe an der Ecke ist der Aufgang zu den Wohnungen u.a. von Baade, Freytag und uns. Fritz Freytag wohnte im 1. Stock rechts. Zu seiner Wohnung gehörte der Balkon rechts von der Ecke, zu der von Baades der darüber. Wir wohnten im 1. Stock links, d.h. gegenüber von Freytags.

Foto rechts:

Mein Vater hatte die Fenster unserer Wohnung für das Foto an seine Eltern mit Strichen markiert. Rechts davon, d.h. gegenüber unserer Wohnung wohnte Prof. Günter Bock, der bereits vor dem 22.10.46 von Berlin aus in die Nähe von Moskau verschleppt wurde. Er war die gesamte Zeit über, bis zu seiner Umsiedlung 1953 nach Sawjolowo, ohne persönliche Kontakte zu Deutschen und wohnte zusammen mit einem "Betreuer". Er war direkt dem ZAGI (Zentrales Aero- und Hydrodynamisches Institut) Moskau unterstellt. Man hatte ihm versprochen, die Familie könne nachziehen, und richtete sogar die Wohnung in seinem kleinen Haus dazu ein. Das Versprechen wurde nicht eingehalten. Als ihn seine Frau am 4. Juli 1954 in Pirna empfing, verabschiedeten wir uns von ihm. Wir konnten nicht wissen, dass seine Frau bereits alles für eine Übersiedlung nach Darmstadt vorbereitet hatte.
Seine abenteuerliche Geschichte bezüglich des SU-Aufenthalts erzählte er meinen Eltern. Das kam so: Meine Mutter kochte ohnehin am Wochenende für sich und meinen Vater, also kam es auf eine Portion mehr für den Nachbarn nicht an. Ich wohnte zum Studium zu dieser Zeit in Moskau und lernte Prof. Bock zwar persönlich kennen, wenn ich meine Eltern besuchte, aber nur flüchtig. Jedenfalls habe ich ihn als ruhigen und überlegten Herrn kennengelernt, der mir Respekt einflößte.

Dörfliches Leben

Das Steinhausviertel                                                                         Alle Bilder lassen sich durch Klick vergrößern

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In seinen Berichten kam Dr. Scheller immer wieder auf den russischen Winter zu sprechen ...

 

... 1919 fasste der russische Maler Julius von Klever  (1850-1924) sein Empfinden
vor dem Schneesturm in ein Gemälde

IG Luftfahrt Dresden, Vortrag zum Thema Russland von Dr. Dieter Scheller
Пурга надвигается - Юлий Юльевич Клевер via creative commons